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Meditationsveranstaltung

Heute war ich erstmals nach der Verletzung – nach ziemlich genau einem Monat Pause – wieder auf dem Golfplatz Johanneskirchen. Das Schlagen und Treffen kam mir viel ungewohnter vor als beim Neubeginn nach der Winterpause. Da hatte ich es in manchen Jahren, und auch dieses Jahr, so empfunden, als hätte ich erst ein paar Tage zuvor das letzte Mal gespielt. Es muß mit der Verletzung zu tun haben; diese unterbricht die Bewegungsroutine, und danach wird alles irgendwie neu, anders, fremdartig.

Ich übte für meine Verhältnisse recht lange und gründlich, insbesondere mit dem Sandwedge. (Ja, kein Platz heute!) Aber ich möchte eigentlich über etwas anderes schreiben, nämlich über meine Stimmung, meine innere Verfassung. Im Grunde habe ich, da mir das Joggen und die damit verbundene Körperaktivität und -Reinigung ohnehin sehr fehlt, das Golfen stark vermißt. Ich bin in letzter Zeit — und das ausgerechnet zu einer Phase, in der andere in Urlaub fahren und „sich erholen“ — mit einer ganzen Reihe von Problemen, ja mit ständigem, nicht enden wollendem Ärger belastet. Das vergiftet einen regelrecht. Aber worin besteht diese Vergiftung? Man merkt es nicht, wenn es über Wochen hinweg zu einem Dauerzustand führt. Man kann es nicht mehr an einer einzelnen Sache festmachen, sondern es verdichtet sich zu einem einzigen kompakten Unbehagen. Und das macht es nur noch schlimmer, weil man gar nicht mehr weiß, wo man ansetzen und etwas ändern könnte. Man ist einfach nur noch ein Opfers seines eigenen unklaren Gesamtzustands. Selbst einzelne Problemlösungen und Verbesserungen führen nicht zu einer durchgreifenden Klärung.

Vor diesem Hintergrund fand ich das Hinausfahren auf den Platz heute besonders wichtig. Der Titel „Meditationsveranstaltung“ paßt hier gut, weil meine Erfahrung mit jeglichen in den Alltag eingerückten Meditationsveranstaltungen stets ganz ähnlich war: Man will zuerst nicht. Man findet das lästig. Es stört den Rhythmus. Zwar ist man sich unterschwellig klar, daß dieser Rhythmus gar nicht gut ist, sondern einen in der negativen Mühle festhält, und dennoch sträubt man sich gegen die Umstellung, gegen das Stoppen, gegen das Loslassen-Müssen, gegen die Unterbrechung von Streß und Frustration. Denn es gibt ja nicht einfach nur eine neue, leicht konsumierbare Verbesserung, sondern erst einmal ist gar nichts mehr da, ein Vakuum an Reizen, eine Leere. Genau so ging es mir heute, als ich zum Platz fuhr und als ich dort ankam, und ebenso während mindestens der ganzen ersten Stunde, die ich dort verbrachte. Ich fühlte mich nicht wohl. Ich hätte auch wieder leicht verschwinden können. Ab nachhause, weg von der langweiligen Situation, bei der nichts passierte und es mir auch nicht besser ging.

Zur echten Meditationsveranstaltung gehört, daß man nicht wegkann. Man muß sich stellen. Selbst wenn sich alles in einem sträubt. Und irgendwann, wenn man schon aufgehört hat, noch darauf zu hoffen, kommt ein Umschwung, und dieser Umschwung wirkt dann in diesem Moment immer ganz anders als erwartet. Etwas schaltet um. Die bisherige psychologische Logik des eigenen Fühlens und Empfindens tritt in den Hintergrund; etwas Ungewohntes erscheint auf der Bildfläche. Erst später vermag man den Zusammenhang besser zu erkennen und zu deuten. Die ganze Sache hat nichts mit dem Verstand zu tun — ganz im Gegenteil: sie unterminiert ihn. Und daher auch sein Unbehagen, sein trotziges Beharren auf dem alten Zustand, selbst wenn er noch so ungut ist.

Diese innere Verschiebung und Läuterung, die sich bei mir so gut wie jedesmal während und aufgrund der Golferlebnisse ereignet, sie ist eigentlich das Wichtigste. Es ist Meditation. Das Spiel selbst, und welche Schläge wie gelingen, und ob man sich „verbessert“ oder nicht — das spielt alles eine weitaus geringere Rolle.

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